Künstliche Intelligenz in der Betriebsoptimierung von erneuerbaren Erzeugungsanlagen bei der EnBW
Die Künstliche Intelligenz und das Maschinelle Lernen werden immer mehr zu einem alltäglichen Begleiter und halten somit auch Einzug in die Energie-Branche. Im Bereich der “Predictive Maintenance” ist es z.B. möglich, Schäden in Erzeugungsanlagen rechtzeitig zu erkennen und somit Kosten bei der Instandhaltung der Anlagen einzusparen. Im Rahmen eines Projekts bei der EnBW stellten wir Untersuchungen zu dem bereits implementiertem Predictive Maintenance System an und testeten zusätzlich neuere Algorithmen zur rechtzeitigen Schadenserkennung in Windkraftanlagen.
EnBW Asset RADAR
Die EnBW entwickelt seit mehreren Jahren die cloudbasierte Anwendung EnBW Asset RADAR, die für die Zustandsüberwachung von erneuerbaren Erzeugungsanlagen zuständig ist. Sie ermöglicht es, auftretende Anomalien bezüglich Anlagen- und Komponentenzustand rechtzeitig zu erkennen und in Folge dessen auftretende Defekte rechtzeitig instand zu setzen und Folgeschäden gar nicht erst entstehen zu lassen. Gerade die Verhinderung größerer Folge-Defekte führt zu einer Verringerung von Stillstandszeiten und somit zu weniger Ertragsausfall.
Durch diese individuell entwickelte cloud-native Anwendung hat die EnBW mittlerweile jahrelange Erfahrung in der Anbindung neuer Anlagen, dem Persistieren, der Bereitstellung und natürlich der Analyse von SCADA- und Schwingungsdaten. Hierzu hat die EnBW unter anderem ein für ihre Bedürfnisse optimiertes Zeitreihensystem in Azure entwickelt. Die Anwendung, mit deren Hilfe die EnBW-internen Diagnostiker Modelle trainieren, Diagnosen erstellen und Folgeaktivitäten ableiten, wurde auf .net Core und im Frontend maßgeblich mit Angular und vielen Bibliotheken zur Visualisierung von Zeitreihen implementiert. Der analytische Kern der Lösung ist in Python umgesetzt und wird permanent weiterentwickelt, optimiert, sowie auf neue Asset Typen ausgerichtet. In diesem analytischen Teil wird insbesondere auf sogenannte Gradient Boosted Regression Trees (GBRTs) gesetzt, die im Folgenden kurz erläutert werden.
Technische Umsetzung
GBRTs stellen Ensembles von mehreren Entscheidungsbäumen dar. Sie sagen den Zustand der betrachteten Anlage durch die Historie der Daten vorher. Als Beispiel dafür kann man sich folgendes Szenario vorstellen: Die Wirkleistung einer Windanlage wird maßgeblich durch äußere Faktoren, wie z.B. die Windgeschwindigkeit bestimmt. Ein statistisches Modell, welches zum klassischen Maschinellen Lernen gehört, kann solche Zusammenhänge erlernen und somit den Zustand einer Anlage oder Komponente in Abhängigkeit von anderen Messgrößen vorhersagen. Im Umkehrschluss kann ein Defekt in einem Bauteil durch eine signifikante Abweichung der Modell-Vorhersage des Bauteilzustands vom tatsächlichen Zustand erkannt werden.
Convolutional Neural Networks
Neben Algorithmen aus dem Maschinellen Lernen, zu denen die GBRTs gehören, erhalten auch Technologien aus dem Bereich „Deep Learning“ immer mehr Einzug in den Bereich der Predictive Maintenance. Die am weitesten verbreiteten Vertreter des Deep Learnings sind sogenannte “Convolutional Neural Networks” (CNN). Sie stellen eine Klasse der Neuronalen Netze dar, die Beziehungen zwischen benachbarten Datenpunkten über sogenannte Convolutional Layer („Faltungsschichten“) ausnutzen und sich somit unter anderem auch besonders für Zeitreihendaten eignen. Der Vorteil von CNNs gegenüber GBRTs ist häufig, dass sie durch ihre Komplexität eventuelle nicht-offensichtliche Beziehungen zwischen den verschiedenen Signalen und Anlagenzuständen besser für ihre Vorhersage nutzen können. Wir konnten diese Vermutung aber in der praktischen Umsetzung und Implementierung bei der EnBW nicht bestätigen. Vielmehr stellten wir fest, dass die GBRT-Modelle bei ähnlich guter Performance und sehr viel geringerem Trainingsaufwand deutlich erklärbarer und damit wartbarer sind als die komplexeren CNNs. Dies war für uns letztendlich der Grund gemeinsam mit der EnBW den Entschluss zu fassen, weiterhin auf GBRT-Modelle bei der Überwachung zu setzen.
Dieser Beitrag wurde zeitgleich im EnBW TechBlog veröffentlicht: https://www.enbw.com/unternehmen/karriere/landingpages/techblog.html
Florence Lopez, Tobias Hoinka
Data Scieneers