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Wie Studierende von LLMs und Chatbots profitieren können

In der modernen Hochschulbildung sind die Optimierung und Personalisierung des Lernprozesses äußerst wichtig. Insbesondere in komplexen Studiengängen wie Jura können Technologien wie Large Language Models (LLMs) und Retrieval Augmented Generation (RAG) eine unterstützende Rolle spielen. Ein Pilotprojekt an der Universität Leipzig mit dem dortigen Rechenzentrum und der Juristenfakultät zeigt, wie diese Technologien erfolgreich in Form eines KI-Chatbots eingesetzt werden.

Hintergrund und Turing

Im Jahr 1950 stellte Alan Turing in seinem Essay „Computing Machinery and Intelligence“ die revolutionäre Frage: Können Maschinen denken? Er schlug das berühmte „Imitation Game“ vor, das heute als Turing-Test bekannt ist. Seiner Ansicht nach könnte eine Maschine als „denkend“ angesehen werden, wenn sie in der Lage ist, einen menschlichen Prüfer zu täuschen.

Dieser Gedanke bildet die theoretische Grundlage für viele moderne KI-Anwendungen. Seitdem ist ein langer Weg zurückgelegt worden, und insbesondere für Studierende eröffnen sich neue Möglichkeiten, KI-Tools wie z.B. LLMs im Rahmen ihres Studiums unterstürzend einzusetzen.

Wie funktioniert so ein Chatbot für das Jura-Studium?

Der KI-basierte Chatbot verwendet die fortschrittlichen Sprachmodelle von OpenAI, die so genannten ‘’Transformer’’. Diese Systeme, wie GPT-4, können mit der sogenannten „Retrieval Augmented Generation“ (RAG) Methode ergänzt werden, um korrekte Antworten auch auf komplexere juristische Fragen zu liefern. Der Prozess dahinter besteht aus mehreren Schritten:

1. Frage stellen (Query): Studierende stellen eine juristische Frage, z.B. “Was ist der Unterschied zwischen einer Hypothek und einer Sicherungsgrundschuld?“

2. Verarbeitung der Anfrage (Embedding): Die Frage wird in Vektoren umgewandelt, damit sie für das LLM lesbar werden und analysiert werden können.

3. Suche in Vektordatenbank:Das Retrieval-System sucht in einer Vektordatenbank nach relevanten Texten, die mit der Frage übereinstimmen. Diese können Skripte, Falllösungen oder Vorlesungsfolien sein.

4. Antwortgenerierung: Das LLM analysiert die gefundenen Daten und liefert eine präzise Antwort. Die Antwort kann mit Quellenangaben versehen werden, z.B. mit der Seite im Skript oder der entsprechenden Folie in der Vorlesung.

Für Jurastudierende ist dies ein mächtiges Tool, da sie nicht nur schnell Antworten auf sehr individuelle Fragen erhalten, sondern diese auch direkt auf die entsprechenden Lehrmaterialien verweisen. Dies erleichtert das Verständnis komplexer juristischer Konzepte und fördert das selbstständige Lernen.

Vorteile für Studierenden und Lehrenden

Chatbots bieten verschiedene Vorteile für das Lehren und Lernen an Universitäten. Für die Studierenden bedeutet dies:

  • Personalisierte Lernunterstützung: Die Studierenden können individuelle Fragen stellen und erhalten maßgeschneiderte Antworten.
  • Anpassung an unterschiedliche Themen: Man kann den Chatbot leicht an verschiedene Rechtsgebiete wie Zivilrecht, Strafrecht oder öffentliches Recht anpassen. Er kann auch schwierigere juristische Konzepte erklären oder bei der Prüfungsvorbereitung helfen.
  • Flexibilität und Kostentransparenz: Ob zu Hause oder unterwegs, der Chatbot steht jederzeit zur Verfügung und bietet Zugang zu den wichtigsten Informationen – über ein Learning Management System (LMS) wie Moodle oder direkt als App. Darüber hinaus sorgen monatliche Token-Budgets für eine klare Kostenkontrolle.

Auch für die Lehrenden bringt der Einsatz von LLMs in Kombination mit RAG Vorteile mit sich:

  • Unterstützung bei der Planung: KI-Tools können dabei helfen, Lehrveranstaltungen besser zu strukturieren.
  • Entwicklung von Lehrmaterialien: Die KI kann bei der Erstellung von Aufgaben, Lehrmaterialien, Fallbeispielen oder Klausurfragen unterstützen.

Herausforderungen beim Einsatz von LLMs

Trotz der vielen Vorteile und Möglichkeiten, die Chatbots und andere KI-basierte Lernsysteme bieten, gibt es auch Herausforderungen, die in Betracht gezogen werden müssen:

  • Ressourcenintensiv: Der Betrieb solcher Systeme erfordert einen hohen Rechenaufwand und verursacht entsprechende Kosten.
  • Abhängigkeit von Anbietern: Derzeit setzen viele solcher System auf Schnittstellen zu externen Anbietern wie Microsoft Azure oder OpenAI, was die Unabhängigkeit von Hochschulen einschränken kann.
  • Qualität der Antworten: KI-Systeme liefern nicht immer korrekte Ergebnisse. Es kann zu „Halluzinationen“ (falschen oder unsinnigen Antworten) kommen. Wie alle datenbasierten Systeme können auch LLMs Verzerrungen (Biases) aufweisen, die auf die verwendeten Trainingsdaten zurückzuführen sind. Daher muss sowohl die Genauigkeit der Antworten als auch die Vermeidung von Biases sichergestellt werden.

Der technische Hintergrund: Azure und OpenAI

Der oben vorgestellte Chatbot basiert auf der Cloud-Infrastruktur von Microsoft Azure. Azure bietet verschiedene Services, die eine sichere und effiziente Datenverarbeitung ermöglichen. Dazu gehören:

  • AI Search: Eine hybride Suche, die sowohl Vektorsuche als auch Volltextsuche kombiniert, um relevante Daten schnell zu finden..
  • Document Intelligence: Extrahiert Informationen aus PDF-Dokumenten und ermöglicht den direkten Zugriff auf Vorlesungsfolien, Skripte oder andere Lehrmaterialien.
  • OpenAI: Azure bietet Zugriff auf die leistungsfähigen Sprachmodelle von OpenAI. So wurden bei der Implementierung beispielsweise GPT-4 Turbo und das ada-002 Modell für Text Embeddings verwendet, um effizient korrekte Antworten zu generieren.

Darstellung des Datenverarbeitungsprozesses

Fazit

Das Pilotprojekt mit der Universität Leipzig zeigt wie der Einsatz von LLMs und RAG die Hochschulbildung unterstützen kann. Mithilfe dieser Technologien können Lernprozesse nicht nur effizienter, sondern auch flexibler und zielgerichteter gestaltet werden.

Durch den Einsatz von Microsoft Azure wird zudem eine sichere und DSGVO-konforme Datenverarbeitung gewährleistet.

Die Kombination aus leistungsfähigen Sprachmodellen und innovativen Suchmethoden bietet sowohl Studierenden als auch Lehrenden neue und effektive Wege, das Lernen und Lehren zu verbessern. Die Zukunft des Lernens wird damit personalisierbar, skalierbar und jederzeit verfügbar.

Autoren

Florence López

Florence Lopez, Data Scientist und Diversity Managerin bei scieneers GmbH
florence.lopez@scieneers.de


Hikaru Han, Werkstudent im Online-Marketing bei scieneers GmbH
shinchit.han@scieneers.de

KI für das Gemeinwohl auf dem Digital-Gipfel 2024

Wir waren für den zweiten Tag des diesjährigen Digital-Gipfels der Bundesregierung in Frankfurt am Main eingeladen. Ziel des Digital-Gipfels ist es, Menschen aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft zusammenzubringen, um Ideen, Lösungen und Herausforderungen in Bezug auf die digitale Transformation in Deutschland zu diskutieren.

Themen des Digital-Gipfels

Angeboten wurden verschiedene Vorträge und Diskussionsformate in Themenbereichen wie Vernetzte und datengetriebene Wirtschaft und Gesellschaft, Lernende Systeme und Kultur und Medien. So konnten wir beispielsweise mehr über die Organisation und Arbeitsweise der Datenlabore der Bundesregierung erfahren, die seit drei Jahren Datenprodukte und -projekte für die Bundesverwaltung umsetzen und damit den Einsatz von Daten und KI dort vorantreiben.

Ein weiteres wichtiges Thema war die Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung, die Fortschritte und Herausforderungen aufzeigte, insbesondere hinsichtlich der Ausfinanzierung der sogenannten Leuchtturmprojekte und der Rolle des Beirats. Mehrere dieser Leuchtturmprojekte haben sich in anderen Sessions ebenfalls präsentiert und über ihre Arbeit informiert.

Pitch & Connect: Gemeinwohlorientierte KI-Projekte im Rampenlicht

Das Highlight für uns war das Event Pitch & Connect, bei dem sich 12 gemeinwohlorientierte KI-Projekte, die sich unter anderem mit Teilhabe, Desinformation oder Umwelt- und Wasserschutz befassen, einem engagierten Publikum vorstellen durften. Wir waren dort mit unserem Projekt StaatKlar: Dein digitaler Assistent für die Beantragung staatlicher Unterstützung vertreten.

StaatKlar dient dazu, Wissenslücken zu überbrücken und bürokratische Hürden bei der Beantragung staatlicher Ansprüche durch Bürger:innen abzubauen. Mit dem Talk to your Data-Ansatz, den wir bereits in vielen weiteren Projekten erfolgreich umgesetzt haben, werden für die Anwendung relevante Dokumente wie Informationsbroschüren zu staatlichen Leistungen als Datenbasis verwendet. Ein Large Language Model nutzt diese Datenbasis für die Generierung seiner Antworten.
In der Folge können Bürger:innen in einer intuitiven webbasierten Chat-Anwendung mit dem Modell „sprechen“ und Antworten auf ihre Fragen und Hilfestellung zu ihren Herausforderungen in Bezug auf staatliche Unterstützung bekommen.

Mehr Informationen zu StaatKlar gibt es im 5-minütigen Pitch aus dem aufgezeichneten Livestream des Digital-Gipfels sowie einer kurzen Demo der Anwendung:

Autoren

Alexandra Wörner

Alexandra Wörner, Data Scientist bei scieneers GmbH
alexandra.woerner@scieneers.de

Lena Trautmann

Lena Trautmann, Data Scientist bei scieneers GmbH
lena.trautmann@scieneers.de

Der Einsatz von VideoRAG für den Wissenstransfer im Unternehmen

Der Wissenstransfer als Herausforderung

Vielen Unternehmen mangelt es nicht an Daten, sondern an Möglichkeiten diese zu verwalten und verfügbar zu machen. Eine besonders drängende Herausforderung ist der Wissenstransfer von älteren Mitarbeiter*Innen zur jüngeren Generation, der zum großen Teil von solchen Daten abhängig ist. Dabei geht es nicht nur um das in in Handbüchern dokumentierte Wissen sondern auch um das implizite Wissen, das „zwischen den Zeilen“ vorhanden ist – die Erkenntnisse und Erfahrungen, die in den Köpfe langjähriger Mitarbeiter*Innen stecken.

Diese Herausforderung besteht seit Jahren in vielen Branchen, und mit der rasanten Entwicklung von Künstlichen Intelligenz (KI), insbesondere der generativen KI, entstehen auch neue Möglichkeiten, dieses wertvolle Unternehmenswissen einzusetzen.

Der Aufstieg der generativen KI

Generative KI, insbesondere Large Language Models (LLMs) wie GPT-4o von OpenAI, Claude 3.5 Sonnet von Anthropic oder Llama3.2 von Meta, bieten neue Möglichkeiten, große Mengen unstrukturierter Daten zu verarbeiten und zugänglich zu machen. Mit diesen Modellen können Nutzer über Chatbot-Anwendungen mit Unternehmensdaten interagieren, wodurch der Wissenstransfer dynamischer und benutzerfreundlicher wird.

Die Frage ist jedoch, wie dem Chatbot die richtigen Daten zur Verfügung gestellt werden können. Hier kommt Retrieval-Augmented Generation (RAG) ins Spiel.

Retrieval-Augmented Generation (RAG) für textuelle Daten

RAG hat sich als zuverlässige Lösung für den Umgang mit Textdaten erwiesen. Das Konzept ist einfach: Alle verfügbaren Unternehmensdaten werden in kleinere Datenblöcke (sogenannte Chunks) aufgeteilt und in (Vektor-)Datenbanken gespeichert, wo sie in numerische Embeddings umgewandelt werden. Wenn ein Benutzer eine Anfrage stellt, sucht das System nach relevanten Datenblöcken, indem es die Embeddings der Anfrage mit den gespeicherten Daten vergleicht.

Diese Methode erfordert kein Fine-Tuning der LLMs. Stattdessen werden relevante Daten abgerufen und an die Benutzeranfrage in der Prompt and das LLM angehängt, um sicherzustellen, dass die Antworten des Chatbots auf den unternehmensspezifischen Daten basieren. Dieser Ansatz funktioniert effektiv mit allen Arten von Textdaten, einschließlich PDFs, Webseiten und sogar mittels multimodaler Einbettung mit Bildern.

Auf diese Weise wird das in Handbüchern gespeicherte Unternehmenswissen für Mitarbeiter*Innen, Kunden oder andere Interessengruppen über KI-gestützte Chatbots leicht zugänglich.

Erweiterung des RAG um Videodaten

Während RAG für textbasiertes Wissen gut funktioniert, ist es für komplexe, prozessbasierte Aufgaben, die sich oft besser visuell darstellen lassen, nicht vollständig geeignet. Für Aufgaben wie die Wartung von Maschinen, bei denen es schwierig ist, alles durch schriftliche Anweisungen zu erfassen, bieten Video-Tutorials eine praktische Lösung, ohne dass zeitaufwändige Dokumentationen geschrieben werden müssen.

Videos bilden implizites Wissen ab, indem sie Prozesse Schritt für Schritt mit Kommentaren aufzeichnen. Im Gegensatz zu Text ist die automatische Beschreibung eines Videos jedoch alles andere als einfach. Selbst Menschen gehen hierbei unterschiedlich vor und konzentrieren sich oft auf unterschiedliche Aspekte desselben Videos, je nach Perspektive, Fachwissen oder Zielsetzung. Diese Variabilität verdeutlicht die Herausforderung, vollständige und konsistente Informationen aus Videodaten zu extrahieren.

Aufschlüsseln von Videodaten

Um das in den Videos enthaltene Wissen den Nutzern über einen Chatbot zugänglich zu machen, ist unser Ziel, einen strukturierten Prozess für die Umwandlung von Videos in Text bereitzustellen. Dabei steht die Extraktion möglichst vieler relevanter Informationen im Vordergrund.

Videos bestehen aus drei Hauptkomponenten:

  • Metadaten: Metadaten sind in der Regel einfach zu handhaben, da sie oft in strukturierter Textform vorliegen.
  • Audio: Audiodaten können mit Hilfe von Sprach-zu-Text (STT) Modellen wie Whisper von OpenAI in Text umgewandelt werden. Für branchenspezifische Kontexte ist es auch möglich, die Genauigkeit zu verbessern, indem benutzerdefinierte Terminologie in diese Modelle integriert wird.
  • Frames (visuelle Elemente): Die eigentliche Herausforderung besteht darin, die Frames (Bilder) sinnvoll in die Audiotranskription zu integrieren. Beide Komponenten sind voneinander abhängig – ohne Audiokommentare fehlt den Frames oft der Kontext und umgekehrt.

Bewältigung der Herausforderungen bei der Beschreibung von Videos

Abbildung 1: Chunking-Verfahren von VideoRAG.

Bei der Arbeit mit Videodaten bestehen drei wesentlichen Herausforderungen:

  1. Beschreibung der einzelnen Bilder (Frames)
  2. Erhaltung des Kontextes, da nicht jedes Bild unabhängig von den anderen relevant ist
  3. Integration der Audiotranskription für ein besseres Verständnis des Videoinhalts

Um diese Probleme zu lösen, können multimodale Modelle wie GPT-4o verwendet werden, die sowohl Text als auch Bilder verarbeiten können. Durch die Verwendung von Videobildern und transkribiertem Audio als Input für diese Modelle kann eine vollständige Beschreibung von Videosegmenten erstellt werden.

Entscheidend ist jedoch, dass der Kontext zwischen den einzelnen Frames erhalten bleibt. Hier wird die Gruppierung von Frames (oft auch als Chunking bezeichnet) wichtig. Zwei Methoden, um Frames zu gruppieren sind:

  • Feste Zeitintervalle: Ein einfacher Ansatz, bei dem aufeinanderfolgende Frames auf der Grundlage vordefinierter Zeitintervalle gruppiert werden. Diese Methode ist einfach zu implementieren und für viele Anwendungsfälle gut geeignet.
  • Semantisches Chunking: Ein anspruchsvollerer Ansatz, bei dem Frames auf der Grundlage ihrer visuellen oder kontextuellen Ähnlichkeit gruppiert werden, um sie effektiv in Szenen zu organisieren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, semantisches Chunking zu implementieren, wie z.B. die Verwendung von Convolutional Neural Networks (CNNs) zur Berechnung der Ähnlichkeit von Frames oder die Verwendung von multimodalen Modellen wie GPT-4o zur Vorverarbeitung. Durch die Festlegung eines Ähnlichkeitsschwellenwertes können verwandte Bilder gruppiert werden, um das Wesentliche jeder Szene besser zu erfassen.

Sobald die Bilder gruppiert sind, können sie zu Bildrastern kombiniert werden. Diese Technik ermöglicht es dem Modell, die Beziehung und Abfolge zwischen verschiedenen Frames zu verstehen, während die narrative Struktur des Videos erhalten bleibt.

Die Wahl zwischen festen Zeitintervallen und semantischem Chunking hängt von den spezifischen Anforderungen des Anwendungsfalls ab. Unserer Erfahrung nach sind feste Intervalle für die meisten Szenarien ausreichend. Obwohl semantisches Chunking die zugrundeliegende Semantik des Videos besser erfasst, erfordert es die Abstimmung mehrerer Hyperparameter und kann ressourcenintensiver sein, da jeder Anwendungsfall eine eigene Konfiguration erfordern kann.

Mit zunehmender Leistungsfähigkeit von LLMs und der Zunahme von Kontextfenstern könnte man versucht sein, alle Bilder in einem einzigen Aufruf an das Modell zu übergeben. Dieser Ansatz sollte jedoch mit Vorsicht gewählt werden. Wenn zu viele Informationen auf einmal übergeben werden, kann das Modell überfordert werden und wichtige Details übersehen. Darüber hinaus sind aktuelle LLMs durch die Begrenzung ihrer Token-Ausgabe eingeschränkt (z.B. erlaubt GPT-4o 4096 Token), was die Notwendigkeit gut durchdachter Verarbeitungs- und Framing-Strategien noch unterstreicht.

Erstellung von Videobeschreibungen mit multimodalen Modellen

Abbildung 2: VideoRAG Ingestion Pipeline.

Sobald die Bilder gruppiert und mit der entsprechenden Audiotranskription verknüpft sind, kann das multimodale Modell geprompted werden, Beschreibungen für diese Teile des Videos zu erzeugen. Um die Kontinuität zu wahren, können Beschreibungen von früheren Teilen des Videos auf spätere Teile übertragen werden, so dass ein kohärenter Fluss entsteht (siehe Abbildung 2). Am Ende hat man Beschreibungen für jeden Teil des Videos, die zusammen mit Zeitstempeln in einer Wissensdatenbank gespeichert werden können, um eine einfache Referenz zu ermöglichen.

VideoRAG zum Leben erwecken

Abbildung 3: Retrieval-Prozess von VideoRAG.

Wie in Abbildung 3 dargestellt, werden alle Szenenbeschreibungen der in der Wissensbasis gespeicherten Videos in numerische Embeddings umgewandelt. Dies ermöglicht ein ähnliches Embedding der Benutzeranfragen und damit eine effiziente Suche nach relevanten Videoszenen anhand von Vektorähnlichkeiten (z.B. Kosinus-Ähnlichkeit). Sobald die relevantesten Szenen identifiziert sind, werden die entsprechenden Beschreibungen der Anfrage hinzugefügt, um dem LLM einen auf dem tatsächlichen Videoinhalt basierenden Kontext zu liefern. Zusätzlich zur generierten Antwort ruft das System die zugehörigen Zeitstempel und Videosegmente ab, so dass der Benutzer die Informationen direkt im Quellmaterial überprüfen und validieren kann.

Durch die Kombination von RAG-Technologien mit Videoverarbeitungsfunktionen können Unternehmen eine umfassende Wissensbasis aufbauen, die sowohl Text- als auch Videodaten enthält. Vor allem neu eingestellte Mitarbeiter*Innen können schnell auf kritische Erkenntnisse älterer Kollegen zugreifen – egal ob diese dokumentiert oder per Video demonstriert wurden – und so den Wissenstransfer effizienter gestalten.

Lessons Learned

Während der Entwicklung von VideoRAG hatten wir einige wichtige Learnings, von denen zukünftige Projekte in diesem Bereich profitieren können. Hier sind einige der wichtigsten Lektionen, die wir gelernt haben:

1. Optimierung der Prompts mit dem CO-STAR Framework

Wie bei den meisten Anwendungen, an denen LLMs beteiligt sind, hat sich das Prompt-Engineering als entscheidende Komponente für unseren Erfolg erwiesen. Die Erstellung präziser und kontextbezogener Eingabeaufforderungen hat einen großen Einfluss auf die Leistung des Modells und die Qualität der Ausgabe. Wir haben festgestellt, dass die Verwendung des CO-STAR Frameworks – eine Struktur, die den Schwerpunkt auf Context, Goal, Style, Tone, Audience und Response legt – einen soliden Leitfaden für das Prompt-Engineering darstellt.

Durch die systematische Berücksichtigung aller Elemente von CO-STAR konnten wir die Konsistenz der Antworten sicherstellen, insbesondere in Bezug auf das Format der Beschreibung. Durch die Verwendung dieser Struktur konnten wir zuverlässigere und individuellere Ergebnisse erzielen und Mehrdeutigkeiten in den Videobeschreibungen minimieren.

2. Einführung von Leitplanken zur Vermeidung von Halluzinationen

Einer der schwierigsten Aspekte bei der Arbeit mit LLM ist der Umgang mit ihrer Tendenz, Antworten zu generieren, auch wenn keine relevanten Informationen in der Wissensbasis vorhanden sind (sogenannte Hullunizationen). Wenn eine Frage außerhalb der verfügbaren Daten liegt, können LLMs auf Halluzinationen oder ihr implizites Wissen zurückgreifen, was oft zu ungenauen oder unvollständigen Antworten führt.

Um dieses Risiko zu verringern, haben wir einen zusätzlichen Überprüfungsschritt eingeführt. Bevor eine Benutzeranfrage beantwortet wird, lassen wir das Modell die Relevanz jedes aus der Wissensbasis abgerufenen Chunks bewerten. Wenn keine der abgerufenen Daten die Anfrage sinnvoll beantworten kann, wird das Modell angewiesen, nicht fortzufahren. Diese Strategie wirkt wie eine Leitplanke, die nicht fundierte oder sachlich falsche Antworten verhindert und sicherstellt, dass nur relevante und fundierte Informationen verwendet werden. Diese Methode ist besonders wirksam, um die Integrität der Antworten zu wahren, wenn die Wissensbasis keine Informationen zu bestimmten Themen enthält.

3. Umgang mit der Fachterminologie bei der Transkription

Ein weiterer kritischer Punkt war die Schwierigkeit der STT-Modelle, mit branchenspezifischen Begriffen umzugehen. Diese Begriffe, zu denen oft Firmennamen, Fachjargon, Maschinenspezifikationen und Codes gehören, sind für eine genaue Suche und Transkription unerlässlich. Leider werden sie oft missverstanden oder falsch transkribiert, was zu ineffektiven Suchen oder Antworten führen kann.

Um dieses Problem zu lösen, haben wir eine kuratierte Sammlung von branchenspezifischen Begriffen erstellt, die für unseren Anwendungsfall relevant sind. Durch die Integration dieser Begriffe in den Prompt des STT- Modells konnten wir die Qualität der Transkription und die Genauigkeit der Antworten erheblich verbessern. Das Whisper-Modell von OpenAI unterstützt z.B. die Einbeziehung domänenspezifischer Terminologie, wodurch wir den Transkriptionsprozess effizienter steuern und sicherstellen konnten, dass wichtige technische Details erhalten bleiben.

Fazit

VideoRAG ist der nächste Schritt in der Nutzung generativer KI für den Wissenstransfer, insbesondere in Branchen, in denen praktische Aufgaben mehr als nur Text zur Erklärung erfordern. Durch die Kombination von multimodalen Modellen und RAG-Techniken können Unternehmen sowohl explizites als auch implizites Wissen über Generationen hinweg effektiv bewahren und weitergeben.

Arne Grobrügge

Arne Grobruegge, Data Scientist bei scieneers GmbH
arne.grobruegge@scieneers.de